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Die Singstunde

ER:
Ein Mann hat sein Kampf, ein Mann hat sein Last,
Muss jeden Tag schuften, kein Ruh', kein Rast!
Er tut es für die Kinder, er tut es für sein Weib,
die brauchen halt Kleider und Essen für den Leib.
Ein Mann kennt keine Freud', für ihn gibt's nur Pflicht,
sonst macht seine Alte ein dummes Gesicht!
Für uns gibt es nur Arbeit, nix kann man sich gönnen,
bei Tag nur verdienen und nachts darf man pennen.
Keine Zigarre, keine Liebe, kein Schnaps und kein Bier,
man ist völlig fertig und streckt von sich alle vier!
Eins gibt es für mich nur, das ist wirklich schön,
einmal in der Woche in die Singstunde zu geh'n!

SIE:
Ein Mann hätt' sein Kampf, ein Mann hätt seine Last,
wer so etwas erzählt, der ist ein Fantast!
Drei Stunden bin ich auf schon bis er aus dem Bett
und wenn ich was sage, dann krieg' ich mein Fett!
Tut nix wie krakele, raucht regelrecht Kette,
hängt dauernd vorm Kühlschrank beim Schnaps, möcht' ich wette'!
Er kriegt keine Liebe? Der nimmt mich glatt auf die Schippe!
Die ganze Woche immer nur müde, er hätte auch die Grippe.
Und soll er mir mal helfen oder gar den Rasen mähen,
dann muss er gerade Zeitung lesen oder Nachrichten sehen.
Nur einmal wird er munter, dann macht er sich schön,
an dem Abend, wenn es heißt, in die Singstunde zu geh'n!

ER:
Ich geh' halt gern singen, das ist doch Kultur,
von Drang in das Gastbaus ist dabei keine Spur!
Wir geh'n in die Singstund, kein schwätzen, kein Krach,
und keiner tut schlafen, sind alle bei der Sach'.
Es trinkt keiner Bier und keiner ist voll,
wir proben in Dur und auch in Moll.
Und ist gegen 10 Uhr die Singstunde dann aus
gehen alle Mann gleich zur Wirtschaft hinaus!
Nicht einer bleibt hocken, sofort heim zur Frau.
Sie nörgelt aber trotzdem, das weiß man genau!
Wir gehen halt nur singen, wir saufen nicht, oh nee
Nur so macht es uns Spaß in die Singstunde zu geh'!

SIE:
Das ist ein Schlawiner, er lügt wie gedruckt, 
beim letzten Mal hat er schwer ins Glas geguckt!
Erst neulich die Singstunde bis morgens um vier, 
wie roch der nach Sprit und stank der nach Bier! 
Was war er doch voll, zog hoch in die Stiege, 
erst fiel er aufs Kreuz, dann kotzt er im Liege' 
legt auf sein Bett sich in all dem Gestank,
rülpst dreimal und stöhnt er sei ja so krank!
Dann fast der Saukerl mir im Traum an die Brust
und murmelt zum Fußballspiel hätt' er keine Lust! 
Schreit: "Prosit" und säuft noch das Fischglas aus,
und so anständig kommt er vom Singen nach Haus

ER:
Das ist übertrieben, mir war's nur nicht gut, 
ich hatte bestimmt ein paar Bazillen im Blut. 
Um viertel nach Zehn saß ich auf der Trepp', 
ich wollt sie nicht wecken, was bin ich für ein Depp! 
Dazu hatte ich Angst, was kann ich dafür, 
sie steht meistens mit dem Knüppel hinter der Tür! 
Geh' einmal ich aus, gleich schlägt sie ihren Mann, 
auf zwei blaue Augen kommt 's ihr doch nicht an. 
Mit Wollust schlägt die mir die Rippen in Fetzen, 
ich darf sie nicht mal ans Hinterteil greifen! 
Und wenn sie mich totschlägt, ich weiß nicht für was,
ich geh' in die Singstunde, mein einziger Spaß!

SIE:
Von wegen, mich kneifen, ei tät er's doch bloß, 
mit dem ist im Bett ja schon lange nichts mehr los! 
Ich renne halb nackt und schlucke die Pille, 
er denkt nur ans Singen und besonders an Promille! 
Ich bade Jeden Abend, doch er tut nur lachen: 
Ich kann aus einem Raben doch keine Nachtigall machen! 
Doch sind dann woanders ein paar Weiber zu sehen, 
gleich ist's um meinen Alten seine Fassung geschehen! 
Dann macht er auf Playboy und leckt sich die Schnut' 
bis hoch in die Ohren schießt ihm gleich das Blut! 
Er kreist wie ein Gockel, er balzt und er buhlt, 
dabei ist, ich weiß es, sein Zwirn längst abgespult.

ER:
Die ist doch meschugge, ich weiß es ganz genau:
Sie ist beim Schmusen wie 'ne Drahtbürste so rau! 
Ich bringe ihr Pralinen und bin zu ihr nett, 
doch sie liegt im Trainingsanzug im Bett! 
Will ich trotzdem sie küssen - gleich faucht sie mich an:
Bleib nur in der Hose, Du Abglanz von Mann! 
Sie nimmt nicht die Pille, sie meint ich wär' zu schlapp,
dafür dreht sie sich auf die Seite und murmelt: Hau ab!
Schau ich mal per Zufall nach einem anderen Rock, 
schon kreischt sie ganz giftig: Du lauwarmer Bock! 
Ich frage euch Männer: Ist so etwas noch schön? 
Mir bleibt nur die Freude zur Singstunde zu geh'n

SIE:
Mit Haushaltsgeld hält er mich mager, oh je, 
kommt nicht an die Brieftasche, sein Arm tät so weh
 Ich brauche ein neues Nachthemde, es ist zerschlissen.
Er meint, nach acht Jahren hätt´ ich's absichtlich zerrissen.
Ich brauch auch einen Schlüpfer, ein Loch ist da drin,
den soll ich eben flicken, es schaut sowieso keiner hin!
Einen neuen BH, darum tat ich ihn drängen, 
das Geld können wir sparen, lass sie doch ruhig hängen! 
Mir jammert er den Kopf voll, mit Geld wär'n wir knapp, 
doch beim Rauchen und Saufen zieht er sich nichts ab! 
Daheim gibt’s nur Schmierkäse, wär' äußerst gesund,
er isst in der Singstunde Steaks und Schnitzel der Hund!

ER:
Das ist doch eine Verleumdung, das ist gar nicht wahr, 
mein Weib kriegt die Kohle und ich komme nicht klar. 
Achthundert Mark bring ich monatlich heim, 
ich gab ihr Tausend, sie nimmt's Schein für Schein! 
Sie kauft sich Perücken, Puder und auch Parfüm, 
ich schiebe mein Moped, kein Geld für Benzin. 
Zwölf Nachthemden hat sie aus Seide und Woll', 
ich werde nur durch Zufall vom Freibier mal voll. 
Sie isst Schokolade, bemalt sich ihre Lippen, 
will ich mal was rauchen, sammele ich Kippen! 
Wenn Singstunde ist finde ich endlich mal Ruh' 
und schaue den anderen beim Saufen eben zu.

SIE:
Warum sind wir Weibeleut nur so doof und brav? 
Hocken nur im Haus, man ist doch ein Schaf. 
Mein Alter geht singen und kommt spät und 
betrunken nach haus, kein Schimmer von Reue
und Scham schimpfe ich ihn deshalb aus. 
Er fühlt sich beleidigt, belehrt mich ganz stur, 
das Singen wäre Volksgut, das wäre Kultur. 
Wir bekamen ein Kind, meine Zeit war rum, 
er wollte zum Singen und brachte sich fast um, 
er knurrte und meckerte ich sei nicht gescheit, 
zum Kinderkriegen sei anderntags auch noch Zeit!
Er ging dann zur Singstunde - ich bekam das Kind, 
da könnt ihr seh'n wie die Männer wirklich sind! 

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